Presseartikel zur Präsentation von Oxford Spacebase Records

Das Stadtmagazin Der Gievenbecker aus Münster schreibt in der Ausgabe Nr. 34 einen umfassenden Bericht ab Seite 14 über die Projektpräsentation Oxford Spacebase Records im Theater im Pumpenhaus am 15. und 16. September 2021. Wir freuen uns über den ausführlichen Presseartikel.


Zeitschichten hinter den Kasernenmauern

Die Bagger wühlen sich durch das Gelände der ehemaligen Oxford-Kaserne, am Nordrand ragen die ersten neuen Wohnhäuser aus dem Boden hervor und im Uhrenturmgebäude ziemlich in der Mitte des Areals tun sich erstaunliche Dinge. Denn das ehemalige Unteroffiziers-Kasino wird in ein künstlerisches Raumlabor verwandelt. Im Juni 2022 soll dieses startklar sein und dem Publikum eine Zeitreise durch die Epochen des Quartiers ermöglichen. 

Der schweizerische Regisseur Till Wyler von Ballmoos, der seit knapp zwei Jahren in Gievenbeck lebt, spürt in seiner aktuellen Produktion – Arbeitstitel OXFORD SPACEBASE – den unterschiedlichen Zeitschichten des für eine urbane Siedlung vorgesehenen Terrains nach. Der Impuls entstand während eines Interviews mit dem GIEVENBECKER (Ausgabe 1/2020). „Ich bin fasziniert von der münsterschen Selbstwahrnehmung als Stadt des Westfälischen Friedens und der dagegen sehr konträren militärischen Prägung als Garnisonsstadt“, schaut er auf den Anfang seiner künstlerischen Auseinandersetzung mit dem Thema Krieg und Frieden vor Ort zurück. Die Oxford-Kaserne mit ihrer sehr in den Stadtteil integrierten Lage sei mit den vielen Schnittstellen zur zivilen Nachbarschaft eine besonders geeignete Spiel- und Auseinandersetzungsstätte. Das sehen auch die Verantwortlichen bei der Grundstückseigentümerin KonvOY bzw. der Stadt Münster so – und haben für Juni 2022 die Nutzung des markanten Uhrenturm-Ensembles als Spielort genehmigt. „Das war nicht selbstverständlich. Die Aufführung ist jedoch an das noch nicht umgebaute Gebäude gekoppelt“, erläutert Till Wyler von Ballmoos. Also war Eile geboten, denn die Umgestaltung des unter Denkmalschutz stehenden Komplexes ist terminiert. Die letzten sichtbaren Spuren der alten Nutzung werden dann für immer verschwinden. 

Fiktive Geschichte 

Angestoßen durch eine fiktive Geschichte von Veit Christoph Baecker wird das Areal mit seinen unterschiedlichen Nutzern betrachtet, um somit Einblicke vom Leben und Handeln hinter den Kasernenmauern zu bekommen. „Es geht immer um die Innen- und Außensicht. Wir sind uns sicher, dass es für die künftigen BewohnerInnen wichtig ist zu wissen, was rund um ihr neues Zuhause geschah“, so der Regisseur. Denn die militärische Nutzung begann 1934 mit der rechtswidrigen Enteignung von besonders gutem Ackerland und endete 2013 mit dem Abzug der britischen Truppen aus Gievenbeck. „In der unmittelbaren Nähe des Areals zur historischen Villa Gibonbeki, die 889 urkundlich erwähnt wird, sehen wir aber auch Bezüge zu viel früheren Epochen.“ Die historischen Risse sollen daher nicht einfach nur verfüllt, sondern mit dem Theaterprojekt geöffnet und verknüpft werden. 

Für OXFORD SPACEBASE hat Till Wyler von Ballmoos ein internationales Team zusammengestellt: Aus Kanada, der Schweiz, Frankreich und Deutschland kommen die Akteure, die den GievenbeckerInnen ihr Quartier nahebringen werden – weitere Mitwirkende werden dazu stoßen. 

Erster Einblick 

Mitte September gab es im Pumpenhaus einen ersten Einblick in das Rechercheprojekt. Rund 45 Minuten dauerte die Bühnenschau in einer Mischung aus Spiel- und Sprechszenen, Musik- und Filmeinlagen mit sechs PerformerInnen und Instrumentalisten. 

Auch außerhalb Münsters hat das Thema und die Herangehensweise Aufmerksamkeit geweckt. Das verdeutlicht beispielsweise die Liste der bisherigen Unterstützer: Neben der Stadt Münster fördern die Kunststiftung NRW, das NRW Landesbüro Freie Darstellende Künste, das NRW- Ministerium für Kultur und Wissenschaften, der Musikfonds sowie die Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia das Stück des Theaters im Pumpenhaus finanziell. Die städtische Tochter KonvOY, das Stadtarchiv und die Villa ten Hompel unterstützen die Arbeit inhaltlich und organisatorisch. 

Große Dynamik 

„Wir sind mitten in der Recherche“, berichtet Wyler von Ballmoos. Konkret heißt dies: Arbeiten in Archiven, Nachforschungen übers Internet, Sichern von Dokumenten und historischen Gegen- ständen sowie Gespräche mit ExpertInnen und ZeitzeugInnen. „Wir freuen uns über jeden Hin- weis, auch wenn er vielleicht nur klein oder zu persönlich erscheint“, lädt der Regisseur alle Interessierten zur Beteiligung ein. 

Über E-Mail-Adresse recherche@oxfordspace.org oder eine Postkarte, die es bei Biege Raumdesign gibt, kann kostenfrei Kontakt aufgenommen werden. „Wir verabreden uns dann für ein Gespräch. Sämtliche Informationen werden nur intern und vertraulich behandelt, es sei denn, wir bekommen eine ausdrückliche Erlaubnis zur öffentlichen Verwendung.“ 

Zwar steht das Gesamtkonzept, in welche Richtung sich die einzelnen Stränge bewegen, ist noch offen. „Wir spüren eine sehr große Dynamik. Jedes Gespräch, jede neue Information bedeutet auch einen Impuls, der für Veränderung und Entwicklung sorgt. Ich bin mir aber sicher, dass am Ende eine Aufführung stehen wird, die weit über den Sommer 2022 wirken kann.“ 

RED